Zum Post-Corona-Zeitalter: Keine Angst vor der Transformation
Die Corona-Krise hat die Lücken der Digitalisierung zu Tage gefördert und die Notwendigkeit einer Transformation verdeutlicht. Zu einer Transformation gehören nicht nur digitale Tools und Assets, sondern vielmehr auch ein digitales Mindset. In ihrem Gastbeitrag beschreibt Karine Rübner, Referentin Digital Responsibility & New Work beim Bundesverband Digitale Wirtschaft, wie wir uns auf das Post-Corona-Zeitalter vorbereiten, Hürden und Ängste überwinden können, welche Fähigkeiten wir erlernen müssen und wie alte Muster aufgebrochen werden können.
Wenn wir uns fragen, wie die Wirtschaft auf die Corona-Pandemie reagiert, was es bei ihr auslöst und welche Auswirkungen diese auf sie haben wird, müssen wir auch an die Menschen denken, die die Wirtschaft ausmachen. Denn alle, die Teil dieser aktiven Wirtschaft sind, blicken auf die größte gesellschaftliche internationale Krise zurück, die persönlich bislang erlebt wurde. Dies gilt für die Babyboomer genauso wie für die Generationen X, Y und Z. Und wenn man es genauer betrachtet: Die Krise ist noch gar nicht beendet. Trotzdem geht es darum, die Post-Corona-Zeit mit Zuversicht vorzubereiten. Die aktuelle Pandemie ist nicht der Auslöser für die Notwendigkeit einer Transformation: ob kulturell oder technologisch, national oder international, als Einzelperson oder als Gruppe. Die Pandemie macht die Lücken sichtbar wie nichts Vergleichbares zuvor. Dass bei der Transformation digitale Tools und vor allem ein digitales Mindset zum Vorschein kommen sollte, ist unabdingbar. Dass dabei auch auf die Angst vor Digitalisierung durch Aufklärung, gute Beispiele und Erfolgserlebnisse eingegangen werden muss, steht außer Frage. Dieser Weg muss gemeinsam mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft gestaltet werden. Er muss dabei die Menschen, die diese Gruppen ausmachen, in den Fokus nehmen.
Auf die Angst vor Veränderung eingehen
Bei der Angst vor Transformation geht es oft auch um die Angst vor Kontrollverlust. Diese ist legitim und muss mit offener Kommunikation und offenen Prozessen angegangen werden. Dies gilt sowohl für Verbraucherbedenken, wenn es beispielsweise um den Datenschutz geht, als auch etwa um die Angst, Teams nicht gut führen zu können, wenn alternative Modelle der Zusammenarbeit nun durch eine gesteigerte Digitalisierung aufkommen. Diese Ängste dürfen nicht ignoriert werden. Gerade in Unternehmen können Mitarbeiterumfragen und gemeinsame Workshops und Coachings hilfreich sein, um die Erwartungen und die einzelnen Perspektiven besser zu verstehen und daraus Wege für ein besseres Miteinander zu entwickeln. Meistens geht es hierbei um eine nötige Kommunikation und Transparenz.
Wenn wir aktiv die Zukunft der Wirtschaft und die Zukunft der Arbeitsmodelle mitgestalten möchten, müssen wir zwangsläufig alte Denkweisen aufbrechen.
Karine Rübner, Referentin Digital Responsibility & New Work beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V
Alte Muster aufbrechen
Gerade in der Arbeitswelt denken wir noch in alten Mustern: die Arbeitgeber/innen einerseits, die Arbeitnehmer/innen andererseits. Wenn wir heute aktiv die Zukunft der Wirtschaft und so auch die Zukunft der Arbeitsmodelle mitgestalten möchten, müssen wir zwangsläufig alte Denkweisen aufbrechen. Dabei hilft uns die Digitalisierung, sowohl mit der passenden Technologie als auch mit dem dazugehörigen Mindset. Ein Beispiel für alte Muster ist die Suche nach den Kompetenzen für neue Aufgaben. Wie oft sind neue Themen oder Strukturen damit verbunden, neue Kandidaten/innen zu suchen, die dann genau diese Aufgaben mehrere Jahre woanders ausgeübt haben sollten? Diese müssen erst gefunden und eingearbeitet werden. Bremsen wir uns an diesen Stellen nicht selbst aus? Verpassen wir hier nicht die Möglichkeit, kreativere Wege zu gehen? Vielleicht gäbe es versteckte Kompetenzen in der aktuellen Belegschaft? Dies würde die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden ermöglichen und für Geschwindigkeit sorgen. Projekte könnten wachsen und es könnten neue Personen eingestellt werden.
Lernen zu lernen
Wenn uns die Corona-Krise eines zeigt: Es geht darum, schnell – auch mit fehlenden Informationen und ungewisser Perspektive – neue Aufgaben zu lösen, zusammen mit einem gleichzeitigen Lernprozess. Nicht alles funktioniert dann direkt, wie man es sich vorgestellt hat. Aber selbst beim Scheitern und mit den Fehlern, die auf dem Weg passieren, lernen wir, besser zu werden. Viele Kompetenzen, die für neue Projekte oder für die Umorganisation in der Krise nötig waren, kamen erst durch die Krise zum Vorschein. Digitale Innovationen gepaart mit einer Offenheit fürs Unbekannte waren dabei besonders hilfreich. Was muss also passieren, damit dieser Lernprozess kontinuierlich stattfindet? Und wo startet dieser Lernprozess? Erst im Unternehmen oder bereits auf der Schulbank? Wo fängt das Lernen im Unternehmen an? Und wie kann man das Voneinanderlernen stärken? Wie oft fragen sich Mitarbeitende, was sie gut können? Wie oft fragen sich Führungskräfte, was die Menschen in ihren Teams besonders gut können? Wissen die Teams, welche Stärken die Kollegen/innen haben?
Gerade in Strukturen wie Unternehmen kommen vielfältige Personen zusammen, die alle einen individuellen Hintergrund sowie die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht haben. Aus diesem Austausch ergeben sich neue Kompetenzen und neue Ideen. Dieser Dialog ist das, was eine Gemeinschaft ausmacht. Dieser Austausch ist auch das, was die Menschen ins Büro bringt.
Sich öfters die Fragen nach dem „Warum“ stellen
Sowohl beim Aufbrechen alter Muster als auch beim kontinuierlichen Lernen, geht es darum, sich zu fragen, warum wir die Dinge so tun, wie wir sie tun. Warum freuen sich einige Mitarbeitende, wenn sie ihre Arbeit flexibler gestalten können? Was können sie dann besser machen, als wenn sie jeden Tag den Weg ins Büro gehen? Warum möchten das andere nicht? Diese Fragen sind ein Tor für viele weitere. Derartige Fragen zeigen, wie vielfältig Menschen in Unternehmen sind und wie individuell die Antworten ausfallen können. Diese Fragen helfen aber auch, eine größere Offenheit für flexiblere, vielfältigere Arbeitsmodelle zu entwickeln. Am Ende wird es in den meisten Fällen auf Mischmodelle herauslaufen, die Platz für Begegnungen und Austausch schaffen, aber auch die eigene Kreativität unterstützen oder die Möglichkeit bieten, einige To-dos endgültig an festgelegten Tagen zu erledigen.
Im Ressort „Arbeitswelt der Zukunft“ des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. unterstützen wir unsere Mitglieder dabei, ein Zielbild für ihre Post-Covid-19-Arbeitswelt zu formulieren. Es geht dabei um Aufklärung, um Austausch und um Inspiration. Selbstverständlich müssen auch die politischen Rahmenbedingungen den Wandel, das kontinuierliche Lernen sowie die nötige Sicherheit fördern. Dafür sind wir im ständigen Austausch mit politischen Akteuren.
Karine Rübner ist dreisprachig aufgewachsen (Hebräisch, Deutsch und Französisch) und hat nach ihrem Politikstudium in Lille (Frankreich) und Münster als Projektleiterin in einem Start-up für Corporate Social Responsibility-Themen ihre Karriere begonnen. Davon getrieben, Digitalisierung in Deutschland und Europa stärker mitzugestalten und dabei den Fokus auf den Menschen zu legen, hat sie im Dezember 2017 den Weg nach Berlin und zum Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. gefunden. Seitdem ist Karine Rübner dort als Referentin tätig und leitet sowohl das Ressort „Arbeitswelt der Zukunft“ als auch das von ihr gegründete Ressort „Digital Responsibility“.
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. ist die Interessenvertretung für Unternehmen, die digitale Geschäftsmodelle betreiben oder deren Wertschöpfung auf dem Einsatz digitaler Technologien beruht. Als Impulsgeber, Wegweiser und Beschleuniger digitaler Geschäftsmodelle vertritt der BVDW die Interessen der Digitalen Wirtschaft gegenüber Politik und Gesellschaft und setzt sich für die Schaffung von Markttransparenz und innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen ein. Sein Netzwerk von Experten liefert mit Zahlen, Daten und Fakten Orientierung zu einem zentralen Zukunftsfeld. Neben der DMEXCO und dem Deutschen Digital Award richtet der BVDW eine Vielzahl von Fachveranstaltungen aus. Mit Mitgliedern aus verschiedensten Branchen ist der BVDW die Stimme der Digitalen Wirtschaft.